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Echtes Geld, Kommentar zur Herbst-Steuerschätzung, von Angela Wefers.

Frankfurt (ots)

Besiegelt und verkündet hat es der Bundesfinanzminister. Die goldenen Zeiten sind vorbei, in denen die Steuerschätzer bei jedem Termin im Frühjahr und im Herbst frohe Botschaften verkündeten. Die Finanzminister von Bund und Ländern sowie die Kämmerer in den Gemeinden konnten mehr Geld einkalkulieren als zuvor vorausgesagt. Die sich abkühlende Konjunktur fordert ihren Tribut. Doch die Schätzung hinkt der Konjunkturabkühlung hinterher. So können Bund, Länder und Gemeinden in diesem Jahr noch ein letztes Mal mit Extraeinnahmen - sozusagen aus der stillen Schätzreserve - rechnen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt dies sehr gelegen.

Zwei Nachtragshaushalte hat es in diesem Jahr bereits gegeben, die größtenteils unter Krisenfolgen abzubuchen sind. Der dauerhafte Euro-Stabilisierungsfonds ESM ist schneller aufgesetzt worden als zunächst geplant. Damit wurden schon in diesem Jahr zwei der insgesamt fünf Tranchen zur Kapitalisierung fällig. Weitere Mittel flossen in die Stärkung des Wachstums in Europa. Gleichwohl könnte es Schäuble gelingen, dank der Mehreinnahmen die ursprünglich geplante Nettokreditaufnahme von rund 26 Mrd. Euro in diesem Jahr fast zu erreichen und knapp 11 Mrd. Euro Zusatzausgaben zu verkraften. Die Steuerschätzer und niedrige Zinsen für deutsche Staatspapiere machen es möglich.

In den nächsten Jahren wird die Haushaltsplanung zäher, auch wenn nicht zu vergessen ist, dass allein der Bund mit Steuerzuwächsen in jährlichen Schritten von - grob gerechnet - 10 Mrd. Euro kalkulieren kann. Denn solange die Wirtschaft wächst, wachsen auch die Steuereinnahmen, nur nicht mehr ganz so schnell.

Für die Koalition aus CDU, CSU und FDP ist Maßhalten angesagt, wenn sie sich am Sonntagabend zusammensetzt, um gemeinsam Wunschlisten zu beraten: Betreuungsgeld, Abschaffung der Praxisgebühr, Senkung der Stromsteuer, Aufbesserung der Renten stehen darauf. Für zusätzliche Lasten ist es die falsche Zeit. Auch wenn der Bund die Euro-Krisen-Ausgaben verkraftet, so ist die Neuverschuldung dennoch viel zu hoch. Ein ausgeglichener Bundesetat für 2014, auf den die Liberalen dringen, liegt noch in weiter Ferne. Das strukturelle Defizit könnte auf null sinken, nur darin sieht sich Schäuble mit der FDP einig. Das strukturelle Defizit ist eine artifizielle Größe, rechnerisch bereinigt um konjunkturelle Effekte. Es sind aber die zusätzlichen Kredite, die Bund und Bürger echtes Geld kosten.

(Börsen-Zeitung, 1.11.2012)

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