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Objekt der Begierde, Kommentar zur Ankündigung der CME Group, eine europäische Derivatebörse in London zu errichten, von Christopher Kalbhenn.

Frankfurt (ots)

An einem Mangel an Terminbörsen wird Europa in der Zukunft wohl kaum leiden. Mit der CME Group wird auch der nach Handelsvolumen weltweit größte Terminmarktbetreiber die Arena betreten. Der europäische Derivatemarkt ist derzeit ein Objekt der Begierde, und zwar im börslichen und im außerbörslichen Bereich. So wollen im börslichen Derivatehandel die London Stock Exchange und Bats das große Geschäft machen. Ihr erklärtes Ziel ist, der Eurex und dem Terminmarkt der Nyse Euronext, der Londoner Liffe, durch deutlich günstigere Handelskosten Marktanteile abzunehmen.

Bei der CME ist der Fall ein wenig anders gelagert. Sie lanciert ihre Börse nicht als mit lautem Trommelwirbel angekündigten Frontalangriff auf Eurex und Liffe. Ziel ist zunächst vielmehr, für ihre bestehenden Währungsderivate, bei der sie im börslichen Handel Weltmarktführer ist, über die Errichtung einer europäischen Börse mit europäischer Regulierung die Vertriebsmöglichkeiten in der Region zu verbessern. Ähnlich war dies auch bei der im Mai gestarteten CME Clearing Europe. Sie brachte ihre in den USA bereits bestehenden Clearing-Angebote für den Energie- und Rohstoffderivatemarkt nach Europa und ergänzte sie um ein paar spezifisch auf die Region zugeschnittene Produkte. Wie etliche andere Clearing-Häuser wird sie zudem auch in das Finanzderivate-Clearing einsteigen. Damit will sie von den regulatorischen Veränderungen, d.h. der Clearing-Pflicht für außerbörsliche Derivate, profitieren.

Einen potenziell gefährlichen Angriff der CME müssen Eurex und Liffe daher wohl nicht fürchten. Zudem sind in der Vergangenheit aufgrund im Vergleich zum Aktienhandel deutlich höherer Eintrittsbarrieren mit sehr wenigen Ausnahmen Versuche, anderen Börsen im Derivatehandel Marktanteile abzunehmen, gescheitert. Die erfolgreiche Eroberung des Bund-Future-Geschäfts der Liffe durch die Eurex um die Jahrtausendwende ist letztlich auf eine historisch einmalige Konstellation zurückzuführen. Zudem können alteingesessene Terminbörsen billigere Angreifer durch Preissenkungen abwehren, wie die Eurex bei ihrer Attacke auf den amerikanischen Bondderivatemarkt erfahren musste.

Auf die leichte Schulter nehmen dürfen Eurex und Liffe die neue Konkurrenz aber nicht. Aufgrund des erhöhten Kostendrucks könnte sich die Finanzindustrie eventuell doch bei einem der Neueinsteiger ernsthafter engagieren als in der Vergangenheit, um Preissenkungen im börslichen Derivatehandel zu erzwingen.

(Börsen-Zeitung, 21.8.2012)

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