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Warten auf bessere Zeiten, Kommentar zu den auf Eis liegenden Börsenplänen des Chemiekonzerns Evonik, von Annette Becker.

Frankfurt (ots)

Beim Blick auf die jüngste Kursrally am Aktienmarkt wird manch einem Beobachter angst und bange, trübt sich das wirtschaftliche Umfeld derzeit doch spürbar ein. Die Risiken aus der Staatsschuldenkrise in Europa werden größer und auch die Wachstumsdynamik in einigen Schwellenländern schwächt sich sichtlich ab.

Dessen ungeachtet stellt sich für Börsianer derzeit einzig die Frage, wann der Dax die 7000-Punkte-Marke überspringt. Immerhin hat das Blue-Chip-Barometer binnen zwei Monaten nahezu 1000 Punkte gutgemacht und bewegt sich zwischenzeitlich wieder auf dem Niveau von April. Sein bisheriges Jahreshoch hatte der Dax Mitte März bei 7158 Punkten erklommen.

Just zu diesem Zeitpunkt hatte Evonik die IPO-Maschinerie wieder angeworfen. Doch auch im dritten Anlauf hatte der Chemiekonzern aus Essen keinen Erfolg, Mitte Juni wurde die Reißleine gezogen. Gut möglich, dass man sich in Essen inzwischen ob der verpassten Chance die Augen reibt. Denn einen weiteren Anlauf wird es so schnell nicht geben. Frühestens 2014 werde das Projekt erneut auf die Schiene gesetzt, wird hinter vorgehaltener Hand getuschelt, zumal viel Arbeit während der IPO-Vorbereitungen liegen geblieben ist.

Die Absage des Börsengangs war jedoch nur zum Teil dem schwachen und vor allem volatilen Marktumfeld geschuldet. Denn wahr ist auch, dass die Gesellschafter - allen voran die RAG-Stiftung - aufgrund ihrer politisch besetzten Entscheidungsgremien nicht in der Lage sind, schnell und flexibel auf sich bietende Chancen zu reagieren. Bis März gelähmt vom Streit um die Vorstandsbesetzung wurden anschließend beinahe im Wochentakt Sitzungen anberaumt, auf denen die nächsten Schritte im Rahmen des IPO-Prozesses freigegeben werden mussten.

Hinzu kamen schwere Fehler in der Vermarktung. Denn Evonik, nach BASF der zweitgrößte europäische Chemiekonzern, sah sich auf Augenhöhe mit DuPont, die mit dem gut Siebenfachen des operativen Ergebnisses bewertet wird. Dass die Investoren dagegen die niedriger bewertete BASF als Vergleich heranzogen, interessierte nicht.

Wohl den Unternehmen, die schon an der Börse notiert sind oder deren Gesellschafter - wie Siemens mit Osram - über die Exit-Möglichkeit via Spin-off verfügen. Sie profitieren von der Flucht in Sachwerte, zu denen Aktien inzwischen zählen. Für Evonik bleibt dagegen nur das Warten auf bessere Zeiten und die Hoffnung, aus Fehlern zu lernen.

(Börsen-Zeitung, 9.8.2012)

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