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WDR-Sendung "markt XL": Künstliche Befruchtung - Ein Luxus nur für Reiche? Geburten aus Künstlicher Befruchtung drastisch zurückgegangen

Köln (ots)

Jedes siebte Paar in Deutschland bleibt ungewollt
kinderlos. Eine Künstliche Befruchtung können sich jedoch viele Paare
nicht mehr leisten. Der Grund: Seit der Gesundheitsreform trägt die 
Krankenkasse nur noch maximal die Hälfte der Kosten für drei 
Befruchtungszyklen. Die Folge: Ein Geburtenrückgang um 50 Prozent.
Seit 2004 sind die Geburten aus Künstlicher Befruchtung um die 
Hälfte auf jährlich etwa 10.000 zurückgegangen. Vor der 
Gesundheitsreform waren es noch circa 20.000 Geburten pro Jahr. Das 
berichtet das Verbrauchermagazin "markt XL" am kommenden Montag, 26. 
Mai um 20.15 Uhr im WDR Fernsehen. Das Magazin stützt sich dabei auf 
eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung aus 
dem Jahr 2007, wonach der Anteil Kinderloser in den vergangenen 
Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Ein Grund: Die Künstliche 
Befruchtung ist zu teuer. Die Kasse zahlt nur noch 50 Prozent der 
Behandlungskosten. Und das auch nur in bestimmten Fällen. "Sie 
bekommen etwas erstattet, wenn sie als Paar verheiratet sind - das 
ist die erste wichtige Voraussetzung", sagt der Berliner Rechtsanwalt
Udo von Langsdorff. Er vertritt Paare, die auf natürlichem Wege keine
Kinder bekommen können und eine künstliche Befruchtung durchführen. 
"Als Frau müssen sie über 25 und unter 40 Jahre alt sein, als Mann 
dürfen sie das 50. Lebensjahr nicht überschritten haben. Dann 
bekommen sie die Hälfte der Kinderwunschbehandlung erstattet für drei
Versuche über drei Quartale." Unverheiratete Paare müssen die Kosten 
komplett tragen.
Aber auch Ehepaare innerhalb der Altersgrenzen müssen mit Kosten von 
rund 6.000 Euro rechnen, wenn sie ihren Kinderwunsch durch eine 
Künstliche Befruchtung erfüllen wollen. Pro Versuch kostet die 
Behandlung insgesamt 4000 Euro, für die Paare also 2.000 Euro 
Eigenbeteiligung. Weil es in der Regel aber drei Versuche braucht, 
bis eine Künstliche Befruchtung zum Wunschkind führt, fallen 
letztlich mindestens 6.000 Euro Selbstbeteiligung an. Das ist für 
Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen kaum zu stemmen. Nach 
drei gescheiterten Befruchtungsversuchen fällt auch der Zuschuss von 
50 Prozent weg - die Paare bleiben dann also auf den gesamten Kosten 
für weitere Versuche sitzen.
Viele Paare empfinden das als ungerecht und klagen gegen die 
gesetzlichen Regelungen. Auch Langsdorff betont deren 
Ungerechtigkeit: "Wenn sie ein Kinderwunschpaar sind, zum Beispiel 
als Mann nicht genug Spermiozyten haben, dass Sie die Frau befruchten
können, dann sind Sie doch krank. Dann sagt ihnen der Gesetzgeber 
aber: Moment, Du bist zwar krank, wir bezahlen aber Deine Krankheit 
nicht, obwohl Du Teilhaber im Solidarsystem bist. Ist denn das 
wirklich gerecht?" Das Bundesgesundheitsministerium weist den Vorwurf
zurück, wie eine Anfrage durch das WDR-Magazin "markt XL" ergab: 
"Eine Zuzahlung erscheint uns vertretbar", sagt Marion Caspers-Merk, 
Parlamentarische Staatssekretärin. Immerhin hätte es jährlich 40.000 
Fälle Künstlicher Befruchtungen seit 2004 gegeben. Vor der 
Gesundheitsreform waren es jedoch etwa 60.000 (2002). Der 
saarländischen Ministerpräsident Müller hält die jetzige Regelung 
hingegen für falsch. Mit Hilfe einer Bundesratsinitiative will er 
versuchen, Paare bei der Künstlichen Befruchtung wieder finanziell zu
entlasten. Gegenüber "markt XL" sagte er: "Ich halte das für 
ungerecht. Es ist auch ein Wertungswiderspruch festzustellen. Wenn es
darum geht, Leben zu beenden - bei der Abtreibung - ist vollkommen 
klar, dass wir 100 Prozent der Kosten übernehmen; wenn es darum geht 
Leben zu ermöglichen, eine Künstliche Befruchtung herbeizuführen, 
dann ist es plötzlich so, dass in bestimmten Fällen überhaupt keine 
Leistungen bezahlt werden, ansonsten nur eingeschränkte Leistungen. 
Das kann nicht sein, dass der Tod uns mehr wert ist als das Leben."
Pressekontakt:

Pressekontakt:

Kristina Bausch
WDR-Pressestelle
Tel. +49 (0) 221 220 4607
e-mail: kristina.bausch@wdr.de

Jessica Briegmann
WDR Redaktion Markt
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e-mail: jessica.briegmann@wdr.de

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