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The Network for Restitution

Profit schlagen aus Kriegsgräueln: HYPO Group der Österreichischen Bank beutet Nazi-Vergangenheit aus, bestätigt The Network for Restitution

Belgrad, Serbien und Montenegro (ots/PRNewswire)

Der
österreichische Finanzriese Hypo Alpe-Adria kann sich auf einen
turbulenten und Protesten gekennzeichneten Sommer gefasst machen. Der
Bankdienstleister stiess auf heftige Auflehnung, als seine
Anstregungen, Boden zu erwerben, der in den vierziger Jahren
beschlagnahmt worden war, von der serbischen Presse offen gelegt
wurden. Serbien ist das einzige Land in Südosteuropa, das noch keine
Gesetze erlassen hat, welche die Rückgabe der von den Nazis und der
Kommunistischen Partei konfiszierten Grundstücken an die
ursprünglichen Eigner regeln.
Vor einer mehreren hundert Personen starken Menschenmenge, viele
davon im Rentenalter, eröffnete Dragan Dokic,
Menschenrechtsverfechter und Sponsor einer Gesetzesvorlage zur
Restitution gestohlenen Eigentums, die erste einer Reihe von
Protestaktionen diesen Sommer. Der Protest wurde organisiert vom
Network for Restitution (NFR), einer gemeinnützigen Bürgerinitiative
in Serbien, und richtet sich gegen den österreichischen Bankenkonzern
Hypo Alpe-Adria Group (HYPO) aufgrund dem Vorhaben der HYPO Group,
ein Grundstück zu bebauen, das in den 1940er Jahren auf brutale Weise
von den damaligen Eigentümern konfisziert wurde.
"Wir engagieren uns für das grundlegende Recht auf menschliche
Würde, das unseren Eltern und Grosseltern entrissen wurde", erklärt
Dokic den Protestteilnehmern: "Unsere Gesetzgeber haben die Pflicht,
Restitution für 60 Jahre des gebilligten Diebstahls durch Nazis und
Kommunisten zu leisten."
Die Kontroverse entbrannte, als serbische Zeitungen berichteten,
dass der österreichische Finanzriese HYPO Group einen Vertrag
abgeschlossen hatte, um ein Stück Boden zu erwerben und bebauen, das
in den 40er Jahren einer ortsansässigen Familie weggenommen wurde.
Dieses berühmte Grundstück - unter dem Namen "Three Tobacco Leaves"
bekannt - war über 20 Jahre lang leer stehend geblieben; dies ist in
erster Linie den Anstrengungen der Familie Galich zu verdanken, in
deren Besitz sich das Grundstück vor dem Zweiten Weltkrieg befand.
Die Familie, inzwischen amerikanische Bürger, hörten nicht auf,
potenzielle Investoren über die wahre Geschichte des Grundstücks
sowie über ihren Anspruch an dessen Eigentum aufzuklären. Zwei
Mitglieder der Familie Galich wurden 1944 von Nazitruppen getötet,
während sie das Grundstück verteidigten, welches nach Kriegsende in
staatliches Eigentum überging.
Die aktuell waltenden Stadtbeamten in Belgrad schmälern die
Aussichten der Antragssteller auf eine gerechte Restitution. Letzten
Monat hat der Belgrader Bürgermeister Nenad Bogdanovic einen
Gemeindeausschuss einberufen, um neue Investoren für Boden zu finden,
der dem Staat gehört und unbesetzt geblieben ist, seit die Regierung
unter Milosevic Baurechte an inzwischen aufgelöste örtliche
Unternehmen vergab. "Weshalb sollten wir eine grosse Anzahl von
Standorten (von der Bebauung) ausschliessen, wenn eine derart starke
Nachfrage nach Bauland besteht", meint Branka Bosnjak,
Vorstandsvorsitzender des Ausschusses, gegenüber der Belgrader
Tageszeitung Politika. Was nicht öffentlich zur Sprache kam, ist die
Tatsache, dass sämtliche dieser im Besitz' der Regierung stehenden
Grundstücke ursprünglich von den Nazis und Kommunistenparteien
beschlagnahmt worden waren.
Zugespitzt wird diese Situation durch den Umstand, dass die
Kommunistische Partei die während des Krieges durchgeführten
Beschlagnahmungen durch die Nazis legalisierten; in der Folge wurden
die gestohlenen Grundstücke als Staatsbesitz registriert. Staatliche
Geschichtsarchive, die ernsthafte Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit
Liegenschaftentransaktionen mit Vermerken versehen würden, bekommen
ausländische Investoren selten zu Gesicht; Urkundensuchvorgänge
liefern nur offensichtliche Tatsachen, darunter etwa, dass in Belgrad
nahezu alles Land in staatlicher Hand ist. Die Schutzrechte des
Due-Diligence-Prozesses werden durch mangelhafte Grundstücksurkunden
zunichte gemacht, die keine Informationen darüber enthalten, unter
welchen Umständen ein Grundstück in den staatlichen Besitz überging.
Reformen des Liegenschaftsrechts kamen mit dem Attentat des liberalen
Premierministers Zoran Djindjic im Jahre 2003 zu einem jähen Halt.
Die aktuell geltenden Liegenschaftsverordnungen in Serbien sind
nicht nur von Uneinheitlichkeit, schlecht umrissenen Eigentumsrechten
und mangelnder Transparenz geprägt sondern auch allgegenwärtigen
Grundstücksurkunden-Bestreitungen unterworfen. Kommunistische Gesetze
aus den 40er und 50er Jahren verstossen gegen die staatsbürgerlichen
Standards der Europäischen Union sowie gegen die
Menschenrechtserklärung der UNO. So hat die staatliche Regierung in
Serbien das Recht - und nimmt dies auch wahr -, Hauseigentümer aus
dem eigenen Heim auszukehren, um Grundstücke für private Anleger
freizumachen, sofern die städtische Zonenplanung die Errichtung eines
grösseren Gebäudes erlaubt.
"Es ist eine unhaltbare Situation", erklärt Olivera Carlson, eine
US-amerikanische Rentnerin, die nach Serbien zurückgekehrt ist, um
die Stadtbeamten von Belgrad davon abzuhalten, einen Anleger für ein
Grundstück zu finden, auf das sie rechtlichen Anspruch hat. "Ich
weiss nicht, wie ich es anstellen soll, die dokumentarischen Spuren
(paper trail) zurückzuverfolgen, welche belegen, wie das Grundstück
meiner Familie nach der Festnahme und Hinrichtung meines Vaters im
Jahre 1945 von Namen meines Vaters in staatlichen Besitz übertragen
wurde. Ich habe den Grossteil meines Lebens damit verbracht, das
Schicksal zu verleugnen, das mir und meiner Mutter nach dem Krieg
zuteil wurde, aber seit meiner Rückkehr nach Serbien und der
Erforschung der Archive werde ich von schrecklichen Erinnerungen
geplagt - wie mein Vater gegen seinen Willen weg geschleppt wurde,
die Tatsache, dass meine Mutter nicht wusste, ob er lebending oder
tot war, als Sechzehnjährige von den Kommunisten als Klassenfeindin
gebrandmarkt zu werden. Und jetzt in der Zeitung zu lesen, wie diese
österreichische Bank versucht, von ähnlichen Ungerechtigkeiten zu
profitieren, wie sie der Familie Galich angetan wurden, da kommt mir
die Galle hoch."
1942 oder 2005 - Reine Legalität: Wortlaut billigt Plünderung
Nichteingeweihten erscheint dieser orwellsche Alptraum wohl als
wirklichkeitsfremd und in ferner Zukunft zu liegen; dies mag für
HYPO-Beamte in Österreich zustimmen, ihre örtlichen Vertreter
hingegen sind sich der Situation akut bewusst. In einem überraschend
offenen Brief an die amerikanische Botschaft in Belgrad offenbarte
Boris Ignjatovic, Vorstandsmitglied des Beratungsausschusses der Hypo
Alpe-Adria Bank, in allen Einzelheiten, wie seine Bank die Kontrolle
über das Grundstück auszuüben plant, das zu Kriegszeiten von der
Familie Galich konfisziert worden war, indem die Bank sich auf noch
nicht widerrufene Gesetze aus der kommunistischen Ära stützt. Herr
Ignjatovic eröffnet sein Argument mit den Worten: "...wir möchten Sie
nicht mit irrelevanten Informationen belästigen, mit Ausnahme der
nachstehenden Tatsachen, derer wir uns ausschliesslich dazu bedienen,
(unsere) komplette Legalität zuzusichern."
Ignjatovic meint weiter: "Ferner möchten wir Sie mit den folgenden
Tatsachen hinsichtlich gültiger rechtlicher Vorschriften und gängiger
juristischer Praxis im serbischen Rechtssystem (Serbian legal system,
SCG) bekannt machen, um künftigen Missverständnissen vorzubeugen und
sowohl für Sie (US-Botschaft) als auch für uns unnötigen Zeitaufwand
zu vermeiden." Ignjatovic verweist sodann auf drei
maschinengeschriebenen Seiten auf obskure aber gültige kommunistische
Gesetze aus den 40er und 50er Jahren, unter denen der Staat
berechtigt ist, Grundstücke zu beschlagnahmen und Eigentümerrechte
ausser Kraft zu setzen.
Nach diesem Sturmhagel gesetzlicher Ausführungen schreibt er
weiter: "Wir haben deshalb all diese gesetzlichen Tatsachen hervor,
da wir klar machen wollen, dass der Nationalisierungsprozess vom
Staat, für den Staat und im Namen des Staats durchgeführt wurde." In
fetter Schrift proklamiert Ignjatovic: "Der Staat war, nach dem
Wortlaut dieses Gesetzes, verpflichtet, ehemalige Eigentümer zu
entschädigen. Diese Verpflichtung seitens des Staats (Nazis?
Kommunisten?) besteht noch immer; um dies noch einmal zu betonen:
dieses vorstehend erwähnte Gesetz ist nach wie vor gültig und ist als
solches geltend zu machen." Nach seiner Beteuerung, dass die
totalitären Gesetze aus der kommunistischen Ära von Jugoslawien
weiterhin gültig sind und die HYPO Bank favorisieren, führt Herr
Ignjatovic serbische Präzedenzfälle an, die weiter bestärken, dass
der Familie Galich unter der serbischen Rechtsordnung keine
staatsbürgerlichen Rechte zustehen; auch unter dem heutigen
Rechtssystem wird die Familie als Feind des kommunistischen Staates
behandelt.
Mile Antic, Hauptkoordinator für das Network for Restitution fasst
Ignjatovics Argumente im Klartext zusammen: "Die Nazis und
Kommunisten haben Eigentum beschlagnahmt. Die Kommunistische Partei
hat entsprechende Gesetze erlassen, die sicherstellen, dass
sämtliches Eigentum in staatlichen Händen bleibt und die Opfer
keinerlei gerichtliche Schritte unternehmen können, um Ansprüche auf
ihr Eigentum geltend zu machen. Es ist rechtlich nicht möglich, die
HYPO Bank vom Bauen auf konfiszierten Grundstücken abzuhalten, weil
dieselben Gesetze, die damals die Plünderungen ermöglichten, noch
immer in Kraft sind; falls die HYPO Bank ihr Vorgehen also schnell
durchsetzt und beschlagnahmten Boden bebaut, bevor im nächsten Jahr
ein Denationalisierungsgesetz verabschiedet wird, bleibt Betroffenen
nichts anderes übrig, als Serbien auf Schadensersatz zu verklagen,
wobei diese Entschädigungsgelder nicht ausgezahlt werden, es sei
denn, es wird ein Gesetz zur Rückgabe des gestohlenen Eigentums
ratifiziert - so oder so sieht es stark danach aus, als dürfte HYPO
ungeschoren davonkommen."
NFR plant, den gescannten Inhalt des fünfseitigen Briefes der
Berater von Hypo Alpe-Adria an die amerikanische Botschaft in Belgrad
in seiner Gesamtheit für den Jüdischen Weltkongress (World Jewish
Congress, WJC) offenzulegen. WJC hat auf seiner Website bereits
Informationen zu dieser Angelegenheit bekannt gegeben und wird den
Brief an weitere angesehene Organisationen weiterleiten. Der Brief
der Familie Galich an die HYPO Bank wird ebenfalls für die
Öffentlichkeit und die Presse freigegeben. Die Europäische Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung (European Bank for Reconstruction and
Development, EBRD), welche Darlehen an die HYPO Group genehmigt
hatte, wurde beauftragt, den Fall zu untersuchen.
Herr Antic hofft, dass es sich bei dem Vorgehen der HYPO Bank in
Serbien um einen Fall handelt, bei dem örtliche Vertreter ihre
Vorgesetzten in Österreich ungenügend über alle relevanten
Einzelheiten des Three Tobacco Leaves'-Grundstücks informierten. So
Antic: "Nach dem gründlichen Durchlesen des Briefes der lokalen
HYPO-Vertreter kann ich es schwer glauben, dass deren Vorgesetzte in
Österreich dermassen antihumanitäre Aktionen billigen würden. Da ich
an das Gute im Menschen glaube, kann ich mir nicht vorstellen, dass
eine österreichische Bank in unserer Ära ein derart unmoralisches
Vorhaben durchsetzen würde, es sei denn, die Bank wurde von ihrer
örtlichen Belegschaft in die Irre geführt."
Am Schluss bleibt die Frage: Wer trägt die Kosten, falls die
Eigentumsrestitution in Serbien schlecht gehandhabt wird? Am ehesten
dürfte dies den Steuerzahlern der Europäischen Union zu fallen, die
bereits für die Gelder für den Wiederaufbau aufkommen, welche über
EU-Programme in Serbien investiert werden und Anstrengungen für
regionale Stabilität und politische Reformen zugute kommen sollen.
Vielleicht werden vom serbischen Staat geschuldete
Schadenersatzgelder, die sich das Land wegen ausländischen
Investitionen in beschlagnahmte Grundstücken eingehandelt hat, durch
die Schuldenerleichterungen der Weltbank sowie zinslose Darlehen der
EU kompensiert, die Bargeld zahlen werden, um die Opfer für ihr
gestohlenes Eigentum zu entschädigen.
Weiterführende Informationen und Fotos finden Sie online bei:
http://nyc.indymedia.org/newswire/display_any/151004
The Network for Restitution (NFR) ist eine gemeinnützige
Bürgerinitiative in Serbien. Die Organisation bietet Unterstützung
und kostenlose Rechtsberatung für Überlebende des Holocaust und des
kommunistischen Terrorregimes, die versuchen, Häuser und Grundstücke
zurückzugewinnen, welche während des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmt
wurden.
Website: www.apppbg.org.yu

Pressekontakt:

Mile Antic, The Network for Restitution NGO, Bircaninova 21, Belgrad,
Serbien 11000, Tel. +381-64-390-6132, LawUnitedStates@aol.com