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Prof. Deeb: "Der Libanon kann ohne Christen nicht überleben"
Neuer libanesischer Präsident sei Hoffungszeichen

Maur (ots)

Professor Marius Deeb sprach am 9. November 2016 zum Thema "Die Christen im Libanon - Mitten im Chaos überleben". Sein Vortrag war Teil der Vortragsreihe "Die Zukunft der religiösen Minderheiten im Nahen Osten" von Christian Solidarity International. Bisher fanden in der Schweiz und in den USA insgesamt rund 20 Vorträge statt.

In seinem Vortrag ging der libanesische Professor Marius Deeb detailliert auf die Geschichte der christlichen Führungskräfte ein, von der Errichtung eines autonomen Gebiets im Libanongebirge nach den antichristlichen Massakern von 1860 bis zum Bürgerkrieg von 1975 bis 1990. Der Wunsch der Christen nach einer "freiheitlichen offenen Gesellschaft" habe geholfen, eine solche trotz der schrecklichen Gewalt im Krieg aufrechtzuerhalten.

"Ohne Christen gäbe es keinen Libanon", stellte Deeb fest. "Christliche Politiker kämpften für die Beibehaltung eines demokratischen Systems, in dem alle religiösen Gruppen gleich behandelt und auf allen Ebenen der Regierung vertreten sind und in dem die Grundrechte gewährleistet sind", sagte Deeb. In der Wahl von General Michel Aoun zum neuen Präsidenten des Libanon sah Deeb ein positives Zeichen für einen "neuen Dialog unter den Libanesen". Aoun werde "viel erreichen". Die Wahl von Michel Aoun letzten Monat kam nach zwei Jahren politischen Stillstands ohne Präsidenten.

Neuer Präsident Michel Aoun verdient Unterstützung

Deeb bezeichnete Präsident Aoun als einen "bemerkenswerten Mann": Er ist Christ und kämpfte anfänglich gegen die syrische Besetzung des Libanon. Später schloss er sich der mit Syrien verbündeten schiitisch-muslimischen Hisbollah an. Gemäss Deeb hat der sinkende Einfluss sowohl des schiitischen Irans als auch des sunnitischen Saudi-Arabiens auf den Libanon die Wahl Aouns zum Präsidenten ermöglicht. Die Energie des Iran und der Hisbollah - der iranischen Stellvertreterin im Libanon - werden in Syrien ganz in Anspruch genommen, während Saudi-Arabien im Jemen feststeckt.

Deeb erwartet, dass Aoun in verschiedenen Bereichen Erfolg haben kann, etwa bei der Reintegration der südlibanesischen Armee (aktuell im Exil), der Verbesserung der Beziehungen zwischen Israel, Syrien und dem Libanon, dem Kampf gegen Korruption oder der Verbesserung der Grundversorgung. Zwar bezeichnete Deeb die Hisbollah als "Schurken". Er glaubt jedoch, dass Aouns Beziehung zur Hisbollah helfen werde, Konflikten vorzubeugen. "Die Christen im Westen sollten den Libanon unterstützen - ganz besonders Michel Aoun."

Religionsfreiheit im Libanon Vorbild für ganze Region

Exil-Libanesen - mehrheitlich Christen - sollten die libanesische Staatsbürgerschaft zurückerhalten, forderte Deeb. Als der Libanon 1943 unabhängig wurde, stellten die Christen noch die Mehrheit im Libanon. Wegen Emigration und höheren Geburtenraten der Muslime sank ihr prozentualer Anteil in den letzten Jahrzehnten rapide. Würde man die Diaspora dazuzählen, so Deeb, wäre die Zahl der Christen mindestens auf dem Niveau der Muslime. "Nur die Christen zu zählen, die im Libanon wohnen, ist vollkommen inakzeptabel." Die libanesische Diaspora sei ein integraler Bestandteil der libanesischen Gesellschaft.

"Trotz der Kriege und Konflikte, die ihre Heimat verwüstet haben, haben die Christen ihr Land immer wieder neu aufgebaut und an eine bessere Zukunft geglaubt", sagte Deeb. "Die Religionsfreiheit im Libanon ist ein Vorbild für alle Christen in der Levante und in Ägypten: Sie läuten laut die Kirchenglocken und tragen ohne Furcht christliche Symbole in der Öffentlichkeit." Dagegen würden Christen in anderen Staaten - etwa Ägypten - "die ganze Zeit schikaniert und ihre Kirchen verbrannt". In Katar seien die einzigen Kirchen nur unter diplomatischem Druck gebaut worden und hätten weder Glocken noch Kreuze und in der Türkei seien die Christen bereits vor mehreren Jahrzehnten praktisch ausgelöscht worden.

Weitere Infos

Marius Deeb ist emeritierter Professor der School of Advanced International Studies der Johns Hopkins University. Er ist Autor des Buchs "Syria's Terrorist War on Lebanon and the Peace Process". Sein Vortrag am Boston College wurde von folgenden Kooperationspartnern unterstützt: Department of Slavic & Eastern Languages & Literatures, Boisi Center for Religion and American Public Life, Department of Political Science, Department of Theology, Islamic Civilization and Societies.

In der CSI-Vortragsreihe "Die Zukunft der religiösen Minderheiten im Nahen Osten" fanden bisher rund 20 Anlässe in Zürich, Bern, Genf und Boston (USA) statt. Videos und schriftliche Zusammenfassungen aller Vorträge stehen online zur Verfügung: www.middle-east-minorities.com

Der Vortrag auf Video (englisch):

https://youtu.be/HQGMyYr5c1U

Christian Solidarity International (CSI) ist eine christliche Menschenrechtsorganisation für Religionsfreiheit und Menschenwürde.

Kontakt:

Adrian Hartmann
adrian.hartmann@csi-schweiz.ch
078 836 07 47

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