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Angestellte Schweiz / Employés Suisse

Medienkonferenz Angestellte Schweiz: Arbeitsplatzwechsel in der Schweiz - Warum haben die Arbeitnehmenden mit ihrem Stellenwechselverhalten mehr Macht als die Arbeitgeber mit ihrem Entlassungsverhalten?

Zürich (ots)

Rund 300 000 Angestellte wechseln in der Schweiz
jährlich die Stelle. Die Fluktuationsrate ist während der letzten 
Jahre auf hohem Niveau ziemlich stabil geblieben und verläuft 
prozyklisch zur Konjunktur. Dies zeigt die Neuauflage der Studie 
„Arbeitsplatzwechsel in der Schweiz“ des Forschungsinstituts für 
Arbeit und Arbeitsrecht der Universität St. Gallen. Sie lässt aber 
auch interessante Rückschlüsse über die Macht der Arbeitnehmenden 
mit ihrem Stellenwechselverhalten im Vergleich zur Macht der 
Arbeitgeber mit ihrem Entlassungsverhalten zu. Schliesslich deckt 
sie auf, dass das Hauptmotiv für Angestellte, die Stelle zu 
wechseln, die Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen ist. Die 
Angestellten Schweiz fordern die Arbeitnehmer auf, daraus 
Konsequenzen zu ziehen.
Warum wechseln Angestellte die Stelle – und machen sie es 
freiwillig? Die Angestellten Schweiz wollten es genauer wissen und 
beauftragten das Forschungsinstitut für Arbeit und Arbeitsrecht der 
Universität St. Gallen mit einer Neuauflage der Studie 
„Arbeitsplatzstabilität und Arbeitsplatzwechsel in der Schweiz“. 
(Die erste Auflage stellten die Angestellten Schweiz im November 
2001 vor.) Die Ergebnisse von PD Dr. Fred Henneberger und PD Dr. 
Alfonso Sousa-Poza sind gerade auch im Vergleich mit der ersten 
Auflage aufschlussreich.
Fluktuationsrate bleibt hoch Gemäss der Schweizerischen 
Arbeitskräfteerhebung (SAKE) haben in unserem Land in den letzten 
zehn Jahren jährlich um die 300 000 Arbeitskräften die Stelle 
gewechselt. Im Gastgewerbe (17,9%), aber auch im Baugewerbe (12,3%) 
ist die Fluktuationsrate sehr hoch. In der Maschinen-, Elektro- und 
Metallindustrie (MEM) ist sie leicht unterdurchschnittlich (8,9%), 
in der chemisch-pharmazeutischen Industrie sogar deutlich 
unterdurchschnittlich 6,6%). Insgesamt ist die Fluktuationsrate mit 
rund 10% recht hoch und liegt über dem europäischen Schnitt. Die 
hohe Wechselquote verursacht hohe Transaktionskosten. Die 
Angestellten Schweiz fordern die Arbeitgeber daher auf, etwas gegen 
die hohe Fluktuation zu tun.
Arbeitsplätze bleiben stabil und sicher Es mag überraschen, aber es 
ist so: Die Arbeitsplatzstabilität hat in den letzten Jahren nicht 
abgenommen, ebenso wenig wie die Arbeitsplatzsicherheit. Dass sich 
die Arbeitsplatzstabilität nicht negativ entwickelt hat, lässt sich 
einerseits daraus ableiten, dass die Betriebszugehörigkeitsdauer 
seit 1991 sogar leicht zugenommen hat. Andererseits hat sich 
gezeigt, dass die meisten Angestellten, die eine Stelle verlassen, 
an eine andere Stelle wechseln (und nicht etwa arbeitslos werden). 
Was die Arbeitsplatzsicherheit betrifft, so hat diese seit Ende der 
90er-Jahre sogar zugenommen! Dies lässt sich aus der Tatsache 
schliessen, dass die Angst vor einem Stellenverlust kleiner geworden 
ist. 80% aller Erwerbstätigen empfanden zwischen 1999 und 2004 ihre 
Stelle als „sehr sicher“ oder „ziemlich sicher“. Im internationalen 
Vergleich sind die beabsichtigte Fluktuationsrate, aber auch die 
empfundene Arbeitsplatzsicherheit, überdurchschnittlich hoch.
Wer den Arbeitsplatz nicht wechseln möchte, profitiert in unserem 
Land also von einer hohen Arbeitsplatzsicherheit – dies trotz im 
Vergleich zu anderen Ländern schwachem Kündigungsschutz. Gerade 
diese Kombination ist für die Schweiz ein gewichtiger 
Standortvorteil, den es zu erhalten gilt. Dazu muss die 
Sozialpartnerschaft mindestens so gut wie bisher gepflegt werden.
Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen ist Hauptmotiv für 
Wechsel Sieht man sich die Motive für Stellenwechsel an, so stellen 
die freiwilligen Kündigungen der Arbeitnehmer auf Grund von 
Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen, wegen des Wunsches auf 
Wechsel oder aus familiären und persönlichen Gründen das Gros der 
Wechselfälle (zwischen 41% und 63%) dar. Sie spielen also für die 
Fluktuationsrate in der Schweiz eine zentrale Rolle! Der Anteil der 
freiwilligen Wechsel variiert allerdings von Branche zu Branche 
stark. Am höchsten war er gemäss SAKE 2005 im Kredit- und 
Versicherungsgewerbe (knapp 48%), am tiefsten bei sonstigen 
Dienstleistungen und privaten Haushalten (gut 31%). Der Wert für die 
MEM-Industrie beträgt gut 42%, für die chemische Industrie knapp 
38%.
Wenn ein Unternehmen Mitarbeitende verliert, weil sie unzufrieden 
sind, hat dies für das Unternehmen nur Nachteile. Auch wenn in der 
Schweiz die Situation nicht so schlimm ist wie in anderen Ländern, 
tun die Arbeitgeber gut daran, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden 
zu verbessern. Neben einem fairen Lohn ist eine sehr wirkungsvolle 
Massnahme dafür die Flexibilisierung der Arbeitszeiten – und zwar 
nicht nur zu Gunsten der Arbeitgeber. Denn Beschäftigte, die ihre 
Arbeitszeit frei gestalten können, äussern weit weniger den Wunsch, 
den Arbeitsplatz zu wechseln, als Arbeitnehmende mit starren 
Arbeitszeiten! Wichtig sind im Weiteren die Identifikation mit der 
Arbeit ebenso wie mit den Unternehmenszielen, die Loyalität und das 
Vertrauen – weiche Faktoren, denen die Arbeitgeber vermehrt wieder 
Beachtung schenken sollten. Denn Flexibilität allein kann sie nicht 
ersetzen! Nicht zuletzt kann viel erreicht werden, wenn den 
Mitarbeitenden eine gute Work Life Balance ermöglicht wird.
Was das zweithäufigste Wechselmotiv betrifft, den Wunsch auf 
Wechsel, so ist dieser aus Sicht der Angestellten Schweiz in keiner 
Weise alarmierend und völlig normal. Jeder Arbeitnehmende will sich 
schliesslich weiterentwickeln, und das kann er vielleicht nur, wenn 
er den Arbeitgeber wechselt. Gewechselt wird häufig kurzfristig 
Sieht man sich den Zusammenhang zwischen tatsächlichen und 
potenziellen Stellenwechseln an, so erkennt man, dass von den 
Personen, die im Jahr 2004 keinen Wechsel planten, 4,6% dennoch die 
Stelle wechselten. Andererseits haben nur 25,2% der Personen, die 
einen Wechsel beabsichtigten, die Stelle im Jahr 2005 tatsächlich 
auch ausgetauscht. In der Konsequenz heisst dies, dass die 
Entscheidung, die Stelle zu wechseln, häufig eher kurzfristig 
getroffen wird. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer sensibel auf 
plötzlich auftauchende Optionen reagieren. Arbeitgeber müssen ihre 
bewährten Mitarbeitenden also mit Reizen vom Wechsel abhalten, 
wollen sie sie nicht verlieren.
Arbeitnehmer haben eine relativ starke Position in der Schweiz 
Während sich Arbeitgeber bei Entlassungen strikt antizyklisch 
verhalten und in der Rezession viele, im Boom wenige Entlassungen 
aussprechen, sind arbeitnehmerseitige Kündigungen hingegen 
prozyklisch angelegt. Die zwischenbetriebliche Mobilitätsrate ist 
bis zum Jahr 2000 bei insgesamt positiven Wachstumsraten des realen 
Bruttoinlandsprodukts (BIP) tendenziell gestiegen, verharrte dann 
zwei Jahre lang bei eher stagnierendem BIP auf diesem Niveau und ist 
ab dem Jahr 2002 im Trend wieder gesunken, obwohl seit 2004 erneut 
sichtbare Wachstumsraten des realen BIP zu vermerken sind. Somit 
scheint die zwischenbetriebliche Fluktuationsrate dem 
Konjunkturzyklus (leicht verzögert) zu folgen, so dass die 
prozyklisch verlaufenden arbeitnehmerseitigen Kündigungen das 
antizyklisch zu beobachtende Entlassungsverhalten der Arbeitgeber 
überkompensiert. Ein solches Phänomen lässt auf eine relativ starke 
Position der Anbieterseite am Arbeitsmarkt schliessen, wie sie im 
benachbarten Ausland nicht existiert. Es könnte darauf 
zurückzuführen sein, dass in der Schweiz vor allem im 
Fachkräftebereich eine Arbeitskräfteknappheit herrscht.
Dass die Arbeitnehmenden den Arbeitsmarkt ein gutes Stück weit 
gestalten können, werten die Angestellten Schweiz grundsätzlich als 
sehr positiv, denn es ermöglicht den Angestellten, sich beruflich zu 
entfalten. Davon profitieren letztlich auch die Unternehmen!
In der MEM-Industrie steht die Entlassung als Grund für einen 
Stellenwechsel an 2. Stelle (1,96%), in der Chemie sogar an 1. 
Stelle (2,13%). Im Schnitt aller Branchen beträgt der Wert 1,46%, 
die Entlassung steht an 4. Stelle. In den beiden Branchen Chemie und 
MEM ist offenbar die Macht der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt 
nicht so gross wie in anderen Branchen.
Jeder zweite Stellenwechsler wechselt auch die Branche Mehr als die 
Hälfte der Stellenwechsler vollzieht auch einen Branchenwechsel. Es 
kann für eine Branche belebend sein, wenn regelmässig auch Know-how 
von anderen Branchen einfliesst. Auf der anderen Seite fliesst aber 
auch Know-how ab in andere Branchen.
Bei einer sehr hohen Branchewechselquote von über 50% muss damit 
gerechnet werden, dass in den Branchen einerseits ein grosser Teil 
der branchenspezifischen Kenntnisse laufend verloren geht und dass 
andererseits eine Knappheit an Brancheninsidern entsteht. Diese 
Effekte dürfte vor allem der sekundäre Sektor spüren, da 
Arbeitsplätze tendenziell in den dritten Sektor abwandern. Das gilt 
allerdings interessanterweise für die MEM-Industrie und die Chemie 
nicht, sie haben einen positiven Saldo.
Müssen neue branchenfremde Arbeitskräfte eingearbeitet werden, 
verursacht dies höhere Kosten als bei Arbeitskräften aus der 
Branche. Den Branchen müsste also daran gelegen sein, möglichst 
Arbeitskräfte aus der eigenen Branche rekrutieren zu können.
Die Angestellten Schweiz erachten den Wert von über 50% 
Branchenwechseln als klar zu hoch – der Wert müsste eher gegen 30% 
tendieren.
Lohn ist eines von diversen Entscheidungskriterien Ein zu geringer 
Lohn ist nur für 25 000 Personen der Hauptgrund für die Suche nach 
einem neuen Arbeitgeber. Für Männer scheint der Lohn einen etwas 
höheren Stellenwert zu haben, beschäftigte Männer wechseln ihre 
Stelle nämlich oft auch darum, weil sie an der neuen Stelle einen 
Lohnzuwachs realisieren können. Der Lohn muss stimmen – aber er ist 
nicht alles. Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz ist offenbar 
wichtiger, um die Mitarbeitenden zu halten, als der Lohn. Das heisst 
aber nicht, dass keine fairen Löhne bezahlt werden sollen! 
Mitentscheidend für den Wunsch nach einem Stellenwechsel sind ebenso 
die Lohnpolitik und die Lohnverhandlungs- Kultur. Im Sinne einer 
nachhaltigen Unternehmensstrategie ist der verstärkte Einbezug der 
Angestellten in die Gestaltung der Lohnpolitik unternehmerisch klug. 
Angestellte nur aus Lohngründen zu verlieren kommt letztlich wohl 
meistens teurer, als ihnen etwas mehr Lohn zu bezahlen.
Der Lohn ist übrigens gegenüber der ersten Untersuchung als 
Wechselgrund wieder wichtiger geworden (2002: 4%, 2005: 8%). Dies 
hat möglicherweise mit der Diskussion um die hohen Managersaläre zu 
tun – was zeigen würde, dass die Manager nicht abzocken können, ohne 
Begehrlichkeiten bei den Mitarbeitenden zu wecken!
Wechsel werden häufiger als wegen dem Lohn ins Auge gefasst, weil 56 
000 Arbeitskräfte offenbar „unterbeschäftigt“ sind (d.h., gerne mehr 
Stunden arbeiten würden). Dass 56 000 Arbeitskräfte – vor allem 
Frauen – unterbeschäftigt sind, ist angesichts der Tatsache, dass 
ein sehr grosser Teil der Arbeitskräfte – vor allem Männer – auf der 
anderen Seite massiv unter Druck steht und gestresst ist, ein 
Skandal. Beides führt zu Unzufriedenheit und fördert die 
Wechselhäufigkeit.
Tiefere Fluktuation in der Chemie als in der MEM-Industrie Die 
Fluktuationsrate ist in der MEM-Industrie (2005: 8,9%) 
unterdurchschnittlich, in der Chemie/Pharma sogar deutlich 
unterdurchschnittlich (6,6%) im Vergleich zum Schnitt der Branchen 
(9,7%). Gleiches gilt für die Chemie bezogen auf die 
Fluktuationsrate wegen Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen 
sowie dem Wunsch auf Wechsel (Chemie 2,6%, Schnitt 4%). Die MEM- 
Industrie liegt hier genau auf dem Schnitt von 4%. Die 
Fluktuationsneigung der Beschäftigten der Maschinenindustrie 
befindet sich im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt, aber leicht 
oberhalb des Wertes für den sekundären Sektor. In der chemischen 
Industrie ist der Wert tiefer. Offenbar gelingt es der 
chemisch-pharmazeutischen Industrie besser, ihre Mitarbeitenden an 
sich zu binden, als der MEM-Industrie. Die chemisch-pharmazeutische 
Industrie war in den letzten Jahren im Allgemeinen sehr erfolgreich. 
Wir vermuten, dass die niedrige Fluktuationsrate auch eine Folge 
davon ist. Umgekehrt gehen wir aber auch davon aus, dass eine 
(relativ) niedrige Fluktuationsrate ein Erfolgsfaktor für ein 
Unternehmen ist. Die MEM-Industrie täte gut daran, das Beispiel 
Chemie-Industrie einmal eingehend zu studieren.
Für Rückfragen: 
Hansjörg Schmid, Leiter Kommunikation, Tel. 044 360 11 21, 
Natel 076 443 40 40
Die Angestellten Schweiz sind die stärkste Arbeitnehmerorganisation 
der Branchen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) und 
Chemie/Pharma. Rund 26 000 Angestellte sind Mitglied. Angestellte 
Schweiz entstand aus dem Zusammenschluss der beiden Verbände 
Angestellte Schweiz VSAM (MEM, gegründet 1918) und VSAC (Chemie, 
gegründet 1993).

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