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VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz

Kalbfleischskandal: Justiz à la Fribourgeoise?

Zürich/Corminboeuf (ots)

Im Mai 2002 reichte die Stiftung für
Tierschutz VIER PFOTEN eine Strafanzeige gegen die Fribourger
Futtermittelfirma Translait und deren Tochterfirma Univo ein, welche
rund zehn Prozent aller Mastkälber in der Schweiz besitzt. Die
Strafanzeige verlangt Ermittlungen wegen Verstössen gegen das
Tierschutz-, das Lebensmittel- und das Landwirtschaftsgesetz und
eventuell wegen Urkundenfälschung. Fünfzehn Monate später liegt die
Strafanzeige noch immer auf Eis. VIER PFOTEN hat Hinweise darauf,
dass die Sache dem zuständigen Untersuchungsrichter teilweise aus der
Hand genommen und einer Bundesstelle übertragen wurde, welche selbst
in den Skandal verwickelt und daher befangen ist. VIER PFOTEN
fürchtet, dass Seilschaften innerhalb der "Bananenrepublik Fribourg"
den Skandal auf ihre Art vertuschen wollen. Es ist nicht zu
tolerieren, dass ein Regierungsrat in einem laufenden Strafverfahren
zugunsten befreundeter Kreise interveniert.
Im Kontakt mit landwirtschaftlichen Kreisen erhielt VIER PFOTEN in
jüngster Zeit wiederholt Hinweise darauf, dass die Untersuchungen zu
dieser Strafanzeige und zu einer parallelen Anzeige des Fribourger
Kantonstierarztes auf "Weisung von ganz oben" dem zuständigen
Untersuchungsrichter und dem Kantonstierarzt teilweise aus der Hand
genommen und der Eidg. Forschungsanstalt für Nutztiere (RAP) in
Posieux FR übertragen wurden. Auf Anfrage bei der RAP wurde VIER
PFOTEN mitgeteilt, dass die RAP keine Auskunft geben dürfe, da es
sich um ein laufendes Verfahren handle. Mit andern Worten: die RAP
ist involviert.
Ein Skandal, denn die RAP ist unter anderem zuständig für die
Prüfung von Futtermitteln - auch jenen der Firma Translait - ist also
im laufenden Verfahren mitbetroffen. Zudem bestehen personelle
Verflechtungen zwischen RAP, den Firmen Translait und Univo und dem
Bundesamt für Landwirtschaft. VIER PFOTEN prüft nun die Einreichung
eine Beschwerde wegen Befangenheit der RAP und will wenn nötig mit
einer Klage die Vorgänge im Kanton Fribourg unter die Lupe nehmen
lassen.
Der Fribourger Regierungsrat Corminboeuf beeinflusst so offenbar
die Tätigkeit des Kantonstierarztes und beauftragte die RAP in die
Untersuchungen - nach Absprache mit der Firma Translait, die
inzwischen ungehindert Zeugen unter massiven Druck setzt.! Der
Präsident des Fribourger Bauernverbandes vernebelte an einer
Pressekonferenz gestern die Vorwürfe wegen der nicht artgerechten
Fütterung der Kälber und auch der Fribourger Milchwirtschaftsverband
sorgt sich aktiv um die zukünftige Entsorgung der Molkereiabfälle.
Mit einer saftigen Forderung von 2,7 Millionen Franken versuchen die
angeklagten Firmen derweil die Stiftung für Tierschutz VIER PFOTEN
zum Schweigen zu bringen.
Anlass der Strafanzeige ist die von den beiden Firmen Translait
und Univo betriebene Art der Kälbermast. Die Tiere werden, so VIER
PFOTEN, nicht artgerecht mit Milch und Gras gefüttert, sondern mit
flüssig aufbereiteten Abfällen aus der Milchverarbeitungsindustrie.
Damit die Kälber das ihnen artfremde Futter saufen, erhalten sie
oftmals nicht einmal freien Zugang zu Trinkwasser. Für VIER PFOTEN
ist damit das Tierschutzgesetz klar verletzt. Die unnatürliche
Haltung und Fütterung der Kälber bewirkt , dass das Fleisch der
Kälber weiss bleibt. Der Zweckartikel der Univo AG nennt im
Handelsregister denn auch ausdrücklich die "Produktion von weissem
Kalbfleisch".
Die ein Leben lang eingesperrten und unnatürlich gefütterten
Kälber sind gesundheitlich derart geschwächt, dass sie oft
flächendeckend mit Antibiotika behandelt werden müssen, um bis zum
Schlachttermin zu überleben. Der Einsatz von Antibiotika zur
Leistungsförderung ist laut Landwirtschaftsgesetz verboten, ihr
therapeutischer Einsatz ist meldepflichtig und darf nur durch
Tierärzte erfolgen. In ihrer Strafanzeige gegen Translait/Univo hatte
VIER PFOTEN Beweise dafür vorgelegt, dass die beiden Firmen
Antibiotika fallweise zur Leistungsförderung einsetzen und in andern
Fällen ohne tierärztliche Verschreibung verabreichten oder die von
ihnen als Lohnmäster abhängigen Bauern veranlassen, sie selber
einzusetzen.
Im Kalbfleisch werden immer wieder Rückstände von Antibiotika
gefunden. Antibiotika in Lebensmitteln  gefährden die menschliche
Gesundheit gravierend, da sie die Wirksamkeit von Anbtibiotika im
Ernstfall beeinträchtigen oder gar verunmöglichen. Die Herstellung
von Lebensmitteln, welche die Gesundheit gefährden, muss von Gesetz
wegen bestraft werden. Das Ausmass des Missbrauchs geht aus Angaben
des Migros-Labors vom Februar 2002 hervor,  nach denen bei einem
Viertel der geschlachteten Kälber Antibiotika-Rückstände gefunden
worden waren. Hauptabnehmer der Kälber von Translait/Univo ist aber
ausgerechnet Migros selbst. Das Fleisch gelangt unter dem Label M-7
in den Verkauf. Die Schweizerische Kommission für Lauterkeit in der
Werbung hiess im Juli 2002 eine Beschwerde von VIER PFOTEN im
Grundsatz gut.
Die Migros musste wegen der nicht artgerechten Kälberfütterung
ihre Werbung ändern. Inzwischen scheint bei Migros ein Umdenken
eingesetzt zu haben; sie plant, die Kälbermast ganz auf Milch, Heu
und frei zugängliches Trinkwasser umzustellen.
Urkundenfälschung ist laut VIER PFOTEN gegeben, weil
Medikamentierungen, welche ordnungsgemäss von einem Tierarzt im
Stalljournal vermerkt werden  müssen, in einigen Univo-Ställen mit
gefälschen Unterschriften, gar nicht  oder erst nachträglich
eingetragen worden sind.
Es ist mehr als befremdlich, dass die Firma Translait, ihre
Anwälte und befreundete Kreise auf höchster Ebene aktiv versuchen den
Verlauf eines Strafverfahrens zu beeinflussen, während es das
Kantonsgericht nicht einmal für nötig hält, seine Entscheide die auch
VIER PFOTEN als Anzeigeerstatter betreffen der Tierschutzorganisation
zur Kenntnis zu bringen.
Mit der Wahl einer - nicht einmal zuständigen - Behörde soll
offenbar das Ergebnis des Verfahrens vorgespurt werden. VIER PFOTEN
verlangt, dass das zuständige Bundesamt für Veterinärwesen involviert
wird und dass von der Futtermittelindustrie unabhängige Experten den
Fall neutral prüfen!

Kontakt:

Vier Pfoten Stiftung für Tierschutz
Badenerstrasse 816
8048 Zürich
Stefan Weber
Telefon: +41/43/311'80'90
Fax: +41/43/311'80'99
Mobile: +41/79/405'68'20

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