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Staatskanzlei Luzern

Gedanken der Denkmalpflege zur Umnutzung der Ofenfabrik Sursee

Luzern (ots)

Am 30. Mai 2006 wurde die Gesamtrestaurierung und
Umnutzung der ehemaligen Ofenfabrik in Sursee als Bürohaus
abgeschlossen. Der Kantonale Denkmalpfleger-Stellvertreter, Claus
Niederberger, nutzte die Gelegenheit, um grundsätzliche Überlegungen
zur industriellen Entwicklung und im Besonderen zur Bedeutung der
ehemaligen Ofenfabrik anzustellen. Sein nachstehender Text ergänzt
die Unterlagen, welche Medienvertretern bereits gestern abgegeben
oder zugestellt worden waren.
Vielleicht fragen Sie sich, was Technik, Gewerbe und Industrie mit
kulturhistorischer Bedeutung zu tun hat und im Besonderen, was
Denkmalpflege in diesen Bereichen zu tun habe.
Die Frage lässt sich nur beantworten, wenn wir uns Rechenschaft
über die politische und wirtschaftliche Bedeutung der
Industrieentwicklung geben:
Das 19. Jahrhundert ist als Zeitalter der industriellen Revolution
in die Geschichte eingegangen und hat auch das vergangene 20.
Jahrhundert tief greifend geprägt. Maschinen lösten die Handarbeit
ab, Wasser und Dampf ersetzten Muskelkraft, der Siegeszug der
Produktion mit Maschinen in Fabriken nahm seinen Anfang. Nachhaltiger
als die gleichzeitig erfolgten politischen Umbrüche veränderten
Technik und Industrialisierung das Alltagsleben der Menschen, ihr
Denken, ihre Wertvorstellungen, ihre Arbeits- und ihre Konsumwelt.
Haben Sie gewusst, dass die Schweiz durch das stetige Wachstum des
industriellen Sektors nach dem Zweiten Weltkrieg alte
Industrienationen wie England oder Belgien im Industrialisierungsrad
überflügelt hat? Haben Sie gewusst, dass in der Schweiz die höchste
Brücke, der längste Tunnel, die leistungsfähigste Dampfturbine und
die stärksten Lokomotiven gebaut wurden? Haben Sie gewusst, dass aus
dieser Entwicklung die Schweiz zu einem der reichsten Länder der Welt
geworden ist?
Die wirtschaftliche Entwicklung von Industrie und mechanisiertem
Gewerbe ist zu einer, ja zu der wesentlichen Basis der modernen
Schweiz geworden. Erst auf diesen Errungenschaften wurden
schrittweise die sozialen und politischen Grundrechte unseres
heutigen Bundesstaates geschaffen: Bildung und Bewusstsein als
Allgemeingut anerkannt, Kinderarbeit verboten, Alters- und
Sozialfürsorge verwirklicht, der Umbruch in die kulturelle Moderne
gewagt und der heutige wirtschaftliche Wohlstand geschaffen.
Im Kanton Luzern begann dieser bedeutende Umwälzungsprozess von
der Agrar- zur Industriegesellschaft erst in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhundert waren im Kanton Luzern um 1900 erst rund 5000
Personen im gewerblich-industriellen Bereich beschäftigt, so sind es
heute in diesem Bereich - trotz wieder fast revolutionären neuen
Umschichtungsprozessen in der Arbeitswelt - noch immer rund 50'000
Personen.
In der Luzerner Landschaft sind die ersten Fabriken erst in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Im Raum Sursee haben
sich einzig ein Seidenbearbeitungsbetrieb (aus der die heutige Calida
entstanden ist) und die Ofenfabrik zu erfolgreichen Fabrikunternehmen
entwickelt. Die Ofenfabrik war mit mehreren hundert Arbeitern und
Arbeiterinnen die grösste Firma in der Region Sursee. Haben Sie
gewusst, dass mit den Zimmeröfen der Name von Sursee in halb Europa
getragen wurde? Und dass einzelne Ofentypen von Sursee auch in Europa
mit Goldmedaillen für hervorragende Funktion und Gestaltung
ausgezeichnet wurden? In der interessanten Dokumentation von Frau
Andrea Willimann können sie die Entwicklung und Bedeutung der
Ofenfabrik Sursee nachlesen. Die Ofenfabrik Sursee nimmt eine
wesentliche Schlüsselstellung zum wirtschaftlichen und
städtebaulichen Umbruch in die Moderne der Stadt, der Region und der
Luzerner Landschaft ein.
Denkmalpflegerische Aktivitäten zur Dokumentation und Erhaltung
von bedeutenden Kulturobjekten der Technik- und Industriegeschichte
sowie zur Moderne sind deshalb ein überfälliger Schritt zu den
Wurzeln der modernen Gesellschaft. Sie können und sollen mithelfen,
einer breiteren Öffentlichkeit mehr Verständnis für die
Weiterentwicklung in unserer Zeit zu vermitteln. Wichtige Zeugen der
technischen und industriellen Vergangenheit können die Herkunft
unserer Zivilisation nachvollziehbarer machen. Sie können vielleicht
auch zur Mässigung und sicher zu neuen Aktivitäten eines sinnvollen
Weiterentwicklungsprozesses anregen.
Aus solchen Überlegungen freuen wir uns über den erfolgreichen
Abschluss dieses arbeitsintensiven Prozesses zur Erhaltung, zur
Umnutzung und Sanierung der Ofenfabrik Sursee.
Unser Dank gilt verschiedenen Personen und Organisationen:
  • Den verschiedenen Erforschern der geschichtlichen Entwicklung und ihren fundierten Dokumentationen zur Pionierzeit der Industriealisierung in der Luzerner Landschaft.
  • Der kantonalen Denkmalkommissionen, dem Luzerner Regierungsrat, namentlich den Herren Dr. Anton Schwingruber und Dr. Paul Huber, ohne deren Unterstützung und den politischen Durchhaltewillen dieses Baudokument nur noch in den Archiven vorhanden wäre.
  • Der Grundeigentümerin "Pax" für das Einlenken zu einer Verständigungslösung mit Erhaltung und Integration dieses Bauwerkes in eine städtebauliche Arealüberbauung.
  • Dem Luzerner Regierungsrat und dem Stadtrat Sursee für die erhebliche finanzielle Unterstützung zur Erhaltung und Sanierung dieses Bauwerkes.
  • Den Architekten Leuenberger und ihren Mitarbeitern, die sich nach anfänglicher Skepsis für eine fundierte und gute Sanierung dieser anspruchsvollen Aufgabenstellung engagiert haben.
  • Selbstverständlich gilt unser Dank auch allen Firmen, Planern, Unternehmern, Handwerkern und Restauratoren, die sich mit grossem Können für dieses Bauwerk eingesetzt haben.

Kontakt:

Claus Niederberger, dipl. Arch.
Kantonaler Denkmalpfleger-Stv.
Tel. +41/41/228'53'02
E-Mail: claus.niederberger@lu.ch

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