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Fürstentum Liechtenstein

Die bilateralen Abkommen der Schweiz mit der EU und die Vaduzer Konvention treten am 1. Juni in Kraft

Vaduz (ots)

Die Sektoriellen Abkommen der Schweiz
Am 1. Juni 2002 treten die von der Schweiz mit der
EU abgeschlossenen sieben so genannten Sektoriellen Abkommen in den
Bereichen Forschung, öffentliches Beschaffungswesen, Technische
Handelshemmnisse, Landwirtschaft, Luftverkehr, Landverkehr und Freier
Personenverkehr in Kraft. Alle Abkommen, die ein Gesamtpaket bilden,
waren am 21. Juni 1999 unterzeichnet worden. Das Zustimmungsverfahren
in den einzelnen Vertragsstaaten ist nunmehr abgeschlossen.
Die Schweiz hatte diese Abkommen verhandelt, nachdem der Beitritt
zum EWR in der Schweiz abgelehnt worden war, und zwar mit der
Zielsetzung, im Verhältnis zur Europäischen Union ein möglichst hohes
Integrationsniveau zu erreichen.
Ausgangslage für Liechtenstein
Von den erwähnten Abkommen waren für Liechtenstein insbesondere
jene betreffend die Technischen Handelshemmnisse und den
grenzüberschreitenden Verkehr mit Landwirtschaftsprodukten von
direkter Relevanz, da die entsprechenden Bestimmungen auf der Basis
des Zollvertrags zwischen Liechtenstein und der Schweiz direkt auf
Liechtenstein anwendbar wurden.
Hingegen waren die anderen Sektoriellen Abkommen der Schweiz mit
der EU nicht automatisch auf Liechtenstein anwendbar, da hierzu keine
vertragliche Grundlage bestand. Analog und abgesehen vom Zollvertrag
präsentierte sich die Ausgangslage generell auch für das Verhältnis
der Schweiz zu Island und Norwegen, den beiden anderen EFTA-Staaten,
die wie Liechtenstein Mitglieder im EWR sind.
Bereits während der Verhandlungen zu den Sektoriellen Abkommen
zwischen der Schweiz und der EU war es daher die Zielsetzung des
Bundesrats, die mit der EU erzielten Verhandlungsergebnisse im Sinne
der Gleichbehandlung auch den drei EFTA-Staaten Island, Norwegen und
Liechtenstein anzubieten. Dieses Angebot der Schweiz betraf nur das
Verhältnis der Schweiz zu diesen drei Staaten - die Beziehungen der
drei EFTA/EWR-Staaten unter sich und im Verhältnis zur EU sind
bereits im EWR-Abkommen geregelt.
Im Juni 1999 beschloss der EFTA-Ministerrat, das EFTA-
Übereinkommen (die sogenannte Stockholmer Konvention von 1960) zu
revidieren, um so die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den
EFTA-Staaten intensivieren zu können. Die angestrebte Verbesserung
der Kooperation sollte insbesondere dem Stand der Beziehungen
zwischen der Schweiz und der EU entsprechen sowie die Zusammenarbeit
der EFTA-Staaten mit Drittstaaten, welche nicht EU-Mitgliedstaaten
sind, berücksichtigen. Schliesslich sollte den Entwicklungen auf der
Ebene des multilateralen Handels, vor allem im Rahmen der
Welthandelsorganisation (WTO), Rechnung getragen werden. Die
Sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU bildeten bei
der Überarbeitung des EFTA-Übereinkommens die Referenzgrundlage.
Die Vaduzer Konvention
Die Verhandlungen zwischen den EFTA-Staaten konnten im
Wesentlichen im Frühjahr 2001 abgeschlossen werden. Das Abkommen zur
Änderung des Übereinkommens zur Errichtung der EFTA wurde in Vaduz am
21. Juni 2001 beim Treffen der EFTA-Minister unterzeichnet und trägt
seither den Titel «Vaduzer Konvention». Der Landtag hat der
Konvention in der Sitzung von Mitte März 2002 zugestimmt.
Mit der Vaduzer Konvention wurde eine vollständige Überarbeitung
des EFTA-Übereinkommens von 1960 vorgenommen. Die vertraglichen
Beziehungen zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten werden
auf eine mit den durch die Sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz
und der EU geschaffenen vertraglichen Beziehungen vergleichbare Ebene
gebracht, mit Ausnahme des Forschungsbereichs (wissenschaftliche und
technische Zusammenarbeit), wo dies nicht als notwendig erschien. In
verschiedenen Bereichen ist nun auch die bisher fehlende formale
Grundlage für die Aushandlung von Freihandelsbeziehungen zwischen den
EFTA-Staaten und Drittstaaten vorhanden. Dies gilt namentlich für die
Dienstleistungen, den Kapitalverkehr und den Schutz des geistigen
Eigentums.
Die Änderungen des EFTA-Übereinkommens betreffen insbesondere
folgende Punkte:
die bestehenden Bestimmungen über den Warenhandel, der
ursprüngliche Kern des EFTA-Übereinkommens, sind restrukturiert und
von obsoleten Bestimmungen befreit worden (z.B. von den Bestimmungen
betreffend Übergangsfristen für den Abbau von tarifären Massnahmen);
die Bestimmungen über den Handel mit Landwirtschaftserzeugnissen
wurden nachgeführt, unter Berücksichtigung der Entwicklungen der
Beziehungen zwischen den EFTA-Staaten und Drittstaaten, welche nicht
EU-Mitgliedstaaten sind, sowie im Rahmen der WTO. Die tarifären
Konzessionen bezüglich landwirtschaftlicher Grundprodukte wurden in
einigen Fällen erweitert (z.B. auf Käse, verschiedene Gemüsesorten,
Schaf- und Lammfleisch und Pferde);
die gegenseitige Anerkennung der Konformitätsbewertungen (das sind
Prüfungen, Inspektionen, Zertifizierungen, Anmeldungen und
Zulassungen, die im grenzüberschreitenden Warenverkehr gefordert
werden) wurde neu in das EFTA-Übereinkommen aufgenommen. Die
diesbezüglichen Bestimmungen entsprechen denjenigen des Abkommens
über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen
zwischen der Schweiz und der EU. Überdies wurde das Meldeverfahren
für Entwürfe von geplanten Vorschriften überprüft und auf
Vorschriften betreffend Dienstleistungen der Informationsgesellschaft
ausgeweitet, um so den jüngsten Entwicklungen innerhalb der EU und
des EWR Rechnung tragen zu können;
die EFTA-Staaten gewähren sich gegenseitigen Zugang zu ihren
Märkten, welcher über die WTO-Standards hinausgeht;   der Schutz des
geistigen Eigentums wurde neu in das Übereinkommen aufgenommen und
durch griffige Bestimmungen geregelt;
das EFTA-Übereinkommen enthält nun auch Bestimmungen über den
Handel mit Dienstleistungen und Investitionen. Die EFTA-Staaten haben
jedoch beschlossen, gewisse Restriktionen in diesen Bereichen
beizubehalten. Diese sollen aber nach und nach abgebaut werden. Der
Liberalisierungsprozess hängt auch vom Abschluss eines bilateralen
Abkommens über Dienstleistungen zwischen der Schweiz und der EU ab;
das EFTA-Übereinkommen enthält schliesslich Bestimmungen über den
Luft- und Landverkehr, welche den diesbezüglichen sektoriellen
Abkommen zwischen der Schweiz und der EU nachgebildet sind. Beim
Landverkehr wird ein Quotensystem (Kontingente für 40-Tonnen-Fahrten
sowie Leer- und Leichtfahrten) eingeführt.
Sonderregelung für Liechtenstein zum Personenverkehr
Auch der Bereich des Personenverkehrs ist Gegenstand der Vaduzer
Konvention. Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der
EU wird praktisch unverändert auf die EFTA- Staaten ausgedehnt. Für
die Beziehungen zwischen der Schweiz und Liechtenstein gilt jedoch
ein besonderes Protokoll, das die wichtigsten Grundsätze des
Personenverkehrs zwischen der Schweiz und Liechtenstein im Einzelnen
festhält.
Das Protokoll, das integrierender Bestandteil der Vaduzer
Konvention ist, regelt die wichtigsten Grundsätze des
Personenverkehrs zwischen der Schweiz und Liechtenstein und enthält
einen Zeitplan für deren Umsetzung. Liechtenstein und die Schweiz
vereinbarten, dass Liechtenstein auf die schweizerischen
Staatsangehörigen die Gleichbehandlung mit den EWR- Staatsangehörigen
gemäss der Sonderlösung, die für Liechtenstein im Rahmen des EWR
gilt, zur Anwendung bringt (EWR-Behandlung). Es wird in diesem
Protokoll weiter vereinbart, dass die Schweiz auf Liechtenstein die
Regeln des Freizügigkeitsabkommens gemäss dem Abkommen zur Änderung
des EFTA-Übereinkommens anwendet. Die beiden Lösungen werden dabei
aufeinander abgestimmt, damit eine äquivalente Rechtsstellung
schweizerischer und liechtensteinischer Staatsangehöriger im anderen
Vertragsstaat gewährleistet ist.
Für die konkrete Umsetzung der Bestimmungen des Protokolls sind
zwei Phasen vorgesehen. In einer ersten Phase, welche bis ein Jahr
nach Inkrafttreten der Konvention, also bis zum 1. Juni 2003, dauert,
soll die Gleichbehandlung der bereits im anderen Vertragsstaat
wohnhaften Staatsangehörigen umgesetzt sein. Dies betrifft
grundsätzlich alle Lebensbereiche, soweit sie einen Bezug zur
Freizügigkeit bzw. zum Personenverkehr aufweisen und Äquivalenz oder
Gegenrecht gewährleistet ist. Weiters wird in dieser ersten Phase der
grenzüberschreitende Dienstleistungsverkehr im Bereich des Gewerbes
geregelt, da es hier für liechtensteinische Unternehmen öfters
Schwierigkeiten gab. Die diesbezüglichen Verhandlungen zur konkreten
Umsetzung sind derzeit im Gange.
Die zweite Phase betrifft die Einführung der Gleichstellung
schweizerischer Staatsangehöriger mit den EWR-Staatsangehörigen ohne
Wohnsitz in Liechtenstein und die Gleichstellung liechtensteinischer
Staatsangehöriger mit den EU-/EFTA- Staatsangehörigen ohne Wohnsitz
in der Schweiz. Die konkreten Regelungen sollen frühestens zwei,
spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der Vaduzer Konvention, also
frühestens am 1. Juni 2004 und spätestens am 1. Juni 2005, in Kraft
treten. Die zweite Phase beinhaltet im Wesentlichen Regelungen
betreffend die Grenzgänger, die grenzüberschreitende dauernde
Geschäftstätigkeit bzw. die geschäftliche Niederlassung und den Zuzug
bzw. die Wohnsitznahme. Nachdem Liechtenstein der Schweiz ein Modell
analog zur EWR-Sonderlösung gewähren wird, ist für den Zuzug
schweizerischer Staatsangehöriger nach Liechtenstein von einer
Höchstzahl auszugehen; die Schweiz wird hingegen nach Ablauf der
Übergangsfrist für den Inländervorrang liechtensteinischen
Staatsangehörigen die volle Freizügigkeit gewähren. Die Verhandlungen
zu dieser zweiten Phase werden nach Abschluss der ersten Phase
geführt werden.
Vertiefte Zusammenarbeit mit dynamischem Charakter
Das neue EFTA-Übereinkommen, die Vaduzer Konvention, ist ein
modernes Instrument, welches den aktuellen Bedürfnissen der
internationalen Wirtschaftsbeziehungen in angemessener Weise Rechnung
trägt. Es weist neu einen dynamischen Charakter auf. Dies bedeutet,
dass es regelmässig den neuen Gegebenheiten angepasst werden wird, um
so die Entwicklungen der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz
und der EU einerseits (Abschluss neuer Verhandlungen oder Anpassung
der bestehenden Abkommen, um der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts
zu entsprechen), und diejenigen innerhalb des EWR andererseits
berücksichtigen zu können.

Kontakt:

Presse- und Informationsamt des Fürstentums Liechtenstein (pafl)
Tel. +423/236'67'22
Fax +423/236'64'60
Internet: http://www.presseamt.li

Nr. 260

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